Deutschlands Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet in der Antarktis

Die Bundesregierung setzt sich nachdrücklich für die Ausweitung der Meeresschutzgebiete in der Antarktis ein und hat im Oktober 2016 einen Vorschlag für ein Meereschschutzgebiet (MPA) im Weddellmeer bei der Internationalen Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze in der Antarktis (CCAMLR) vorgelegt.

Das wissenschaftliche Fundament dazu lieferten Forscher des Alfred-Wegner-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI).

Dieser Vorschlag ist Teil eines repräsentativen Netzwerkes mariner Schutzgebiete im Südpolarmeer, für das die CCAMLR, der 24 Mitgliedstaaten und die Europäische Union angehören, derzeit in einem mehrjährigen Prozess die wissenschaftlichen Grundlagen erarbeitet. Das Weddellmeer ist eine von insgesamt neun Planungsregionen im CCAMLR-Vertragsgebiet des gesamten Antarktischen Ozeans. Der von Deutschland erarbeitete Schutzgebietsvorschlag umfasst eine Fläche von rund 2 Millionen Quadratkilometern, fünfeinhalb Mal so groß wie Deutschland. Es würde das mit Abstand größte Meeresschutzgebiet der Welt werden. Allerdings müssen die CCAMLR-Mitglieder einstimmig über die Einrichtung des Schutzgebietes beschließen.

Eine der letzten nahezu unberührten Regionen der Antarktis

Stichwort Weddellmeer

Auftauchender Wal vor einem Eisberg Wal
© hecke71 - stock.adobe.com

Das Weddellmeer erstreckt sich südöstlich von Südamerika über eine Fläche von rund 2,8 Millionen Quadratkilometern. Hier leben circa 14.000 Tierarten. Meeresbiologen vergleichen die Artenvielfalt des Südpolarmeeres mit der tropischer Riffe. Seit Entdeckung des Weddellmeeres im Jahr 1823 wurde dort wegen der nahezu unschiffbaren Eisverhältnisse nie kommerzielle Fischerei betrieben. Das einzigartige, weitgehend unberührte Gebiet beherbergt marine Tiergemeinschaften und Ökosysteme, die sich über Jahrmillionen an die antarktischen Lebensverhältnisse angepasst haben.

Extremer als im Weddellmeer können die Lebensbedingungen für Meerestiere kaum sein. Seine Bewohner müssen jederzeit Energie sparen und haben dafür einmalige Techniken entwickelt. Eisfische etwa bilden Frostschutz-Proteine, die ein Gefrieren ihres Blutes verhindern. Das Weddellmeer ist ein Meer großer Vögel: In der Nähe seiner Küsten brüten mehr als 300.000 Paare des Antarktischen Sturmvogels. Auf dem Meereis erblickt ein Drittel aller Kaiserpinguine das Licht der Welt.

Wissenschaftler haben bisher sechs Robben- und zwölf Walarten dokumentiert. Die bekanntesten Vertreter der Großwale sind Buckelwale, Schwertwale, Blauwale und Antarktische Zwergwale.

Das BMEL hob in einer Videobotschaft anlässlich eines internationalen Workshops von Polarforschern Anfang Juli 2018 in Cambridge die große Bedeutung des Weddellmeeres hervor : "Das Weddellmeer, die letzte fast unberührte Region der Antarktis. Sie ist von unschätzbarem Wert für unser Ökosystem. Von Seiten der Bundesregierung werden wir alles unternehmen, um die noch bestehenden Vorbehalte unserer internationalen Partner auszuräumen. Denn es ist eine historische Aufgabe, einzigartige Ökosysteme wie die Antarktis zu schützen."

Deutschland unterstützt die internationalen Anstrengungen zum Schutz der Meeresgebiete in der Antarktis seit langem mit großem Nachdruck.

Experten am Alfred-Wegner-Institut (AWI) haben in den vergangenen vier Jahren Hunderttausende von Daten aus dem Weddellmeer zusammengetragen und ausgewertet. Damit wurde eine umfangreiche wissenschaftliche Basis geschaffen, um die empfindlichen marinen Tiergemeinschaften und Ökosysteme, die sich über Jahrmillionen an die antarktischen Lebensverhältnisse im Weddellmeer angepasst haben, gezielt und effektiv zu schützen.

Untersuchungen des AWI zeigen, dass der Klimawandel bisher wenige Auswirkungen auf diese Meeresregion hatte. Dies bedeutet, dass dem Weddellmeer eine wichtige Funktion als Rückzugsort für kälteliebende Arten zukommt. Außerdem ist die Region ein wertvolles Referenzgebiet für die wissenschaftliche Grundlagenforschung. Deshalb besteht ein großes Interesse daran, dass künftige Forschungsarbeiten in diesem einzigartigen und weitgehend unberührten Gebiet nicht durch zerstörerische menschliche Aktivitäten gefährdet werden.

Vorschläge für Meeresschutzgebiete im Ross-Meer und der Ostantarktis

Bereits 2016 wurde ein von Neuseeland und den USA erarbeiteter Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet im Ross-Meer verabschiedet. Darüber hinaus gibt es seit 2012 einen Vorschlag für die Einrichtung eines Meeresschutzgebietes in der Ostantarktis, der von Frankreich, der EU und Australien vorgelegt und seither mehrfach überarbeitet wurde. Anlässlich der CCAMLR-Jahrestagung 2018 haben Argentinien und Chile einen weiteren Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet um die antarktische Halbinsel eingebracht. Alle drei Initiativen sehen Maßnahmen für die Bewahrung und den nachhaltigen Umgang mit weiteren besonders sensiblen Gebieten in der Antarktis vor.

Bei den Vorschlägen zu Meeresschutzgebieten äußern mehrere Staaten grundsätzliche rechtliche Bedenken gegen deren Ausweisung; einige weitere Staaten hinterfragen insbesondere die Größe der Meeresschutzgebiete sowie die Ausgestaltung und Dauer der vorgeschlagenen Maßnahmen. Die Verhandlungen werden weitergeführt mit dem Ziel, die Vorschläge bei der CCAMLR-Jahrestagung im Oktober 2019 zu verabschieden.

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